Das grüne Badezimmer | geberit.de

"Architekten können effektiv Klimaschutz betreiben"

Das “grüne Badezimmer“ gehört zu den wichtigen Bau-Trends dieses Jahres. Doch wie gelingt dort die nachhaltige Gestaltung? Was müssen Architekten über Materialien und Energiebilanz wissen? Und wie können innovative Produkte zu einer grünen Badkultur beitragen?

Das grüne Badezimmer

Herr Professor Hollberg, viele Bauherren haben den Wunsch, auch im Badezimmer ökologisch bewusst zu planen und zu bauen. Wie können Architekten auf diesen Bedarf reagieren?

Nachhaltiges Bauen beginnt immer mit der Wahl nachhaltiger Materialien, auch im Badezimmer. Darauf kann der Architekt Einfluss nehmen. Er kann den Bauherrn sensibilisieren für die Emissionen aus der Herstellung von Baumaterialien, den sogenannten grauen Emissionen und auch für deren Energieverbrauch, die graue Energie. Die Ökobilanz von Baumaterialien ist heute ein wesentlicher Faktor für Klimaschutz beim Neubau. Ob Betonsockel oder Badewanne: alle Gegenstände verursachen einen CO2-Abdruck, über den der Architekt den Bauherrn aufklären kann. Damit leistet er früh in der Zusammenarbeit einen effektiven Beitrag zum Klimaschutz.

In der Fachpresse ist oft die Rede vom ressourcenschonenden Bauen. Welche Ressourcen sind denn gemeint?

Da gibt es eine ganze Reihe. Nehmen Sie das Beispiel Sand, das jüngst ausgerechnet in der Satiresendung von Jan Böhmermann thematisiert wurde – und dabei einen ernsten Kern berührt hat. Sand ist rar und wird oft unter dubiosen Bedingungen gewonnen. Sand ist aber auch ein wichtiger Baustoff im Haus, also auch im Bad. Oder denken Sie an die vielen Sensoren, die heute im Smart Home verbaut werden und die zum Beispiel die Temperatur der Fußbodenheizung im Badezimmer regeln. In diesen Sensoren sind Metalle und seltene Erden verbaut, deren Herkunft kritisch sein kann. All das sind Aspekte, die zum grünen Badezimmer bzw. zum nachhaltigen Bauen gehören.

Ressourcenschonend zu leben heißt oft auch, Dinge lange zu nutzen. Gilt das auch beim Bauen im Bad?

Ja, dieses Prinzip ist ziemlich universell. Ich beschäftige mich intensiv mit der Lebenszyklusanalyse von Materialien. Dabei fällt auf, dass es die technische Lebensdauer eines Objekts gibt, etwa einer Badewanne. Die hält vermutlich gut und gerne 50 Jahre und länger. Für Fliesen gilt das oft auch. Der gegenüber steht die reale Lebens- bzw. Nutzungsdauer. Sie wird bestimmt von Geschmacks- und Stilfragen. Wenn ich als Architekt dem Bauherrn ein Bad anbiete, dass dieser gerne über die übliche Halbwertszeit hinaus nutzen wird, kann ich einen großen Beitrag zum “Grünen Badezimmer“ leisten. Wenn ich die Lebensdauer von Materialien und Objekten auf das Doppelte anhebe, verursache ich nur die Hälfte des Ressourcen-Aufwands und auch CO2-Effekte halbieren sich.

Das grüne Badezimmer
Das grüne Badezimmer

Wie sieht es beim Thema Ressourcen mit den Produkten selbst aus? Macht da ein wassersparendes WC, das etwa auf eine Zwei-Mengen-Spülung setzt, einen großen Unterschied?

Ich finde: unbedingt. Wir sind an dem Punkt angelangt, an dem jeder Einspar-Effekt eine wichtige Rolle spielt und seinen Beitrag zu einer niedrigeren Gesamtbilanz beim Ressourcenverbrauch leistet. Die Ressourcenfrage hat noch weitere Dimensionen: Wo ist das Produkt hergestellt? Auf welchen Elektrizitätsmix setzte das Herstellungsland? Wie effizient ist die Herstellung vor Ort? Es macht einen großen Unterschied, ob eine Tonne Stahl in Schweden, Polen oder China produziert wurde. Am Ende wirkt sich diese Frage auf die Energiebilanz jedes Wasserhahns und jeder Badewanne aus.

Wie sieht es mit dem unmittelbaren Wasserverbrauch aus?

Da können Architekten die Bauherren auch früh bei einer nachhaltigen Strategie beraten und zum Beispiel Systeme empfehlen, die Regenwasser für die Spülung benutzen.

Woran erkenne ich als Bauherr oder Architekt ein nachhaltiges ökologisches Konzept?

Bei einem nachhaltigen Bauvorhaben müssen Suffizienz, Konsistenz und Effizienz stimmen. Suffizienz stellt die Frage: Brauche ich das wirklich? Brauche ich als Ein-Personen-Haushalt ein 25 Quadratmeter großes Badezimmer, das ich 24 Stunden am Tag auf 25 Grad heize? Konsistenz bedeutet, dass Konzept, Materialwahl und Qualität im Badezimmer zusammenpassen müssen. Und Effizienz heißt, dass ich die Wasserspülung wähle, die so wenig Wasser wie möglich verbraucht – aber so viel wie nötig

Das grüne Badezimmer

Wie wird sich in Ihrer Meinung der Markt beim Grünen Bauen bzw. beim grünen Badezimmer entwickeln?

In der Schweiz wird gerade über eine CO2-Steuer u.a. bei Gebäuden abgestimmt. Die EU berät über eine CO2-Grenzsteuer. Der Klimawandel ist und bleibt das Mega-Thema unserer Zeit. Will sagen: Nachhaltiges, ressourcenschonendes Bauen wird an Bedeutung eher noch gewinnen.

Wenn ich Gebäude als Investitionsgüter betrachte, wird das Grüne Badezimmer als Teil eines insgesamt nachhaltigen Baukonzepts dann vielleicht sogar zum Kriterium bei der Wertentwicklung?

Ja, ich teile diese Einschätzung. Viele Architekten und Bauherren haben erkannt, dass eine gesunde Ökobilanz ihre Bauwerke davor bewahren, “stranded assets“ zu werden, die eine vorzeitige Abwertung erleiden. Hohe CO2-Emissionen können für ein Gebäude zum Überlebensrisiko werden.

Was ist Ihre persönliche Motivation beim Thema Nachhaltigen Bauen?

Ich will vermeiden, dass Architekten Energieeffizienz als zusätzliche Bürde beim Planen empfinden. Sie sollen das Nachdenken darüber als Chance betrachten, um zukunftssichere Pläne zu entwerfen und bessere Gebäude zu bauen. Je grüner wir bauen, desto erfolgreicher können wir den Klimawandel bremsen.

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