Bermudadreieck Bauablauf
Die neuen Rechte des Planers beim Zusammentreffen von Bauüberwachungs- und Ausführungsfehlern
In der Praxis wird der Pflichtenrahmen im Bereich Objektüberwachung von Planern häufig unterschätzt. Kommt es durch Überwachungsverstöße des Planers zu Schäden am Bauwerk, sind damit häufig hohe Folgekosten verbunden. Bringt der neue Paragraf 650t BGB Klärung?
Kennen Sie das das kleine Bermuda-Dreieck des Bauablaufs? Mit dem Atlantik hat es nichts zu tun, soviel vorweg. Aber schon mancher ist trotzdem darin verloren gegangen. Es geht um das Thema Bauabwicklung.
Autor: Thomas Herrig, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Von folgender Konstellation ist auszugehen: Der Auftraggeber hat einen Planer z.B. mit der Planung der technischen Gebäudeausrüstung beauftragt und diesem Planer auch die Leistungsphase 8, nämlich die Objektüberwachung, übertragen. Des Weiteren hat dieser Auftraggeber ein Installationsunternehmen mit der Herstellung der von diesem Planer geplanten technischen Gebäudeausrüstung beauftragt. Aufgrund der dem Planer übertragenen Leistungsphase 8, Objektüberwachung, hat dieser den Installateur, also das ausführende Gewerk, fortlaufend zu überwachen. Der Umfang dieser Überwachungspflicht ist bisher Gegenstand einer fast unübersehbaren Rechtsprechung gewesen. Im Ergebnis wird dort immer wieder betont, dass der Planer die Arbeiten des ausführenden Gewerkes in angemessener und zumutbarer Weise überwachen und sich durch häufige Kontrollen vergewissern muss, dass seine Anweisungen sachgerecht erledigt werden. Seine Überwachungstätigkeit muss zum Ergebnis haben, dass Mängel an dem Bauwerk selbst vermieden werden (zuletzt OLG Brandenburg, Urteil vom 24.10.2019 - 12 U 47/19).
In der Praxis wird der Pflichtenrahmen im Bereich Objektüberwachung von Planern leider häufig unterschätzt. Kommt es durch Überwachungsverstöße des Planers zu Schäden am Bauwerk, sind damit häufig hohe Folgekosten verbunden.
Rechtslage bis zur Bauvertragsreform
Rechtlich gesehen sind bauüberwachende Planer und ausführender Unternehmer in diesem Tätigkeitsbereich Gesamtschuldner, d.h. sie schulden dem Auftraggeber gemeinsam die Errichtung eines mangelfreien Bauwerkes. Tritt in diesem Fall ein Baumangel auf, für den sowohl der bauausführende Unternehmer als auch der bauüberwachende Planer verantwortlich waren, so konnte der Auftraggeber wählen, wem gegenüber er seine Mängelansprüche geltend machen wollte.
Beispiel für einen solchen Fall: Der bauausführende Unternehmer verwendet für die Dämmung von Trinkwasserleitungen in Schächten nicht die normgerechten Dämmschichtstärken. Der bauüberwachende Planer prüft die Dämmschichtstärke nicht - auch nicht stichprobenartig - nach und lässt die Schächte verschließen. Anschließend stellt sich heraus, dass die Dämmung im gesamten Gebäude nicht normgerecht ausgeführt ist, was dazu führt, dass zu erheblichen Kosten insgesamt nachgerüstet werden muss.
In solchen Fällen hatte in der Praxis der Auftraggeber die Wahl, ob er den bauausführenden Unternehmer oder aber den bauüberwachenden Planer, letzteren auf Schadenersatz in Höhe der zur Mängelbeseitigung durch Dritte erforderlichen Kosten, in Anspruch nimmt. In der überwiegenden Zahl dieser Fälle hat der Auftraggeber den bauüberwachenden Planer in Anspruch genommen, weil er davon ausgehen konnte, dass dieser die notwendige Liquidität besitzt, um die Kosten der Mangelbeseitigung aufbringen zu können. Schließlich verfügt der Planer immer über eine entsprechende Versicherung.
Nun konnte zwar der Planer bzw. dessen Haftpflichtversicherung, so denn die Mangelbeseitigungskosten in voller Höhe an den Auftraggeber erstattet waren, den bauausführenden Unternehmer auf der Grundlage des Gesamtschuldnerausgleichs gemäß § 426 BGB in Regress nehmen und zwar in Höhe des auf den bauausführenden Unternehmer entfallenden Haftungsanteils. Dieser Ausgleichsanspruch ging aber nicht selten ins Leere, weil der bauausführende Unternehmer seinerseits Insolvenz anmeldete, sodass wirtschaftlich dort nichts mehr zu holen war. Dieser für den Planer bzw. dessen Haftpflichtversicherung fehlgeschlagene Gesamtschuldnerausgleich hat dazu geführt, dass die Prämien der Planerhaftpflichtversicherung erheblich angestiegen sind.
Für den bauausführenden Unternehmer, der nicht in Insolvenz gehen will und außerdem bereit gewesen wäre, die Mängelbeseitigung durch sein Unternehmen ausführen zu lassen, war durch direkte Inanspruchnahme des bauüberwachenden Planers durch den Auftraggeber diese Möglichkeit genommen. Er konnte also nicht mehr einwenden, dass die Mangelbeseitigungskosten, die durch seine Tätigkeit bei ihm entstanden wären, erheblich geringer sind, als die Kosten, die dadurch entstanden sind, dass der bauüberwachende Planer auf Mängelbeseitigung durch Dritte bzw. die dafür erforderlichen Kosten in Anspruch genommen worden ist.
Abhilfe zu diesem Problem soll eine Neuregelung in dem ab 01.01.2018 geltenden neuen Bauvertragsrecht schaffen - konkret geht es um § 650 t BGB.
In den Fällen, in denen ein Ausführungsfehler kombiniert mit einem Überwachungsfehler des Planers zusammentrifft, muss der Auftraggeber zunächst den bauausführenden Unternehmer unter Fristsetzung zur Mängelbeseitigung auffordern. Erst wenn diese Frist erfolglos verstrichen ist, kann der Auftraggeber vom Planer Schadenersatz verlangen.
Achtung: Resultiert die Haftung des Planers für den Mangel dagegen aus einer mangelhaften Planung, bleibt alles beim Alten. Hier gilt die Neureglung des § 650 t BGB nicht.
Wichtig für den Planer seinerseits ist, dass er prüft, ob der Auftraggeber dem ausführenden Unternehmer gegenüber eine Frist zur Beseitigung des Mangels gesetzt hat. Eine einfache Mangelbeseitigungsaufforderung ohne Setzen einer Frist reicht nicht aus (Kniffka, BauR 2017, 1747, 1880). Die vom Auftraggeber an den ausführenden Unternehmer zu richtende Mangelbeseitigungsaufforderung muss außerdem so konkret formuliert sein, dass sie der sogenannten Symptomrechtsprechung des Bundesgerichtshofes genügt. Nur dann, wenn der ausführende Unternehmer anhand der Beschreibung der Mängel in dieser Mängelbeseitigungsaufforderung erkennen und entscheiden kann, ob sein Leistungsbereich betroffen ist, liegt eine ausreichende Aufforderung zur Nacherfüllung vor.
Ist dies nicht der Fall oder ist die angemessene Frist noch nicht abgelaufen, steht dem Planer weiterhin das Leistungsverweigerungsrecht zu.
Achtung: Hat das ausführende Unternehmen die Nacherfüllung ernsthaft und endgültig abgelehnt, ist eine Fristsetzung entbehrlich. Der Auftraggeber kann dann auch ohne Fristsetzung gegenüber dem ausführenden Unternehmer den Planer in Anspruch nehmen (Kniffka, a.a.O.).
Wie schon ausgeführt, setzt die Anwendung von § 650 t BGB voraus, dass ein Ausführungsfehler kombiniert mit einem Überwachungsfehler des Planers zusammentrifft. Hier geht es um einen Überwachungsfehler, der zu einem Mangel am Bauwerk geführt hat. Insoweit kann es nur um einen Überwachungsfehler im engeren Sinne gehen, d.h. zum Beispiel um die Grundleistungen a - c in Leistungsphase 8 der Anlage 10 der HOAI bzw. für den TGA-Planer um die Grundleistungen a und b der Leistungsphase 8 in Anlage 15 der HOAI und nicht um Fehler bei sonstigen Grundleistungen der Leistungsphase 8. Erfolglos ist die Aufforderung des Auftraggebers zur Beseitigung des Mangels, wenn der ausführende Bauunternehmer die Mängelbeseitigung verweigert, wenn er sich innerhalb der angemessenen bestimmten Frist nicht rührt oder wenn ihm die Mängelbeseitigung mehrfach misslingt. Eine Klage muss der Auftraggeber nicht erheben.
Praxishinweis
Planer sollten künftig bei einer Inanspruchnahme durch den Auftraggeber im Hinblick auf Mängel an den von ihnen geplanten Bauten, deren Errichtung auch von ihnen überwacht worden ist, prüfen, ob der Anwendungsbereich des § 650 t BGB eröffnet ist. Begründet der Auftraggeber die Inanspruchnahme des Planers mit einem von diesem gemachten Überwachungsfehler, hat der Planer darauf zu achten, dass vor seiner Inanspruchnahme zunächst der ausführende Unternehmer unter Berücksichtigung der formalen Anforderungen aus § 650 t BGB vom Auftraggeber in Anspruch genommen wurde. Solange der Auftraggeber dies nicht nachweist, steht dem Planer ein Leistungsverweigerungsrecht bezüglich seiner Inanspruchnahme zu.
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